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Open Banking: «Wir konnten viel von Europa abschauen»

Die «Hypi» Lenzburg setzte früh auf Open Banking. Aber das war gar nicht so einfach. Technologiestandards etwa gab es 2016 in der Schweiz noch keine, erinnert sich CEO Marianne Wildi im Podcast der Universität St.Gallen.

2. Februar 2024

Meet The CFO #39: Dirk Schäfer, Florian Hohmann und Marianne Wildi im Gespräch

«Wir mussten weg von den proprietären, grossen Systemen», sagt Marianne Wildi, CEO der Hypothekarbank Lenzburg, im Gespräch mit den Podcast-Moderatoren Dirk Schäfer (links) und Florian Hohmann (Mitte) von der Universität St.Gallen. (Bilder: ZV/Collage: Hypothekarbank Lenzburg)

Als Marianne Wildi 2010 Vorsitzende der Geschäftsleitung (CEO) wurde, stellte sie sich eine zentrale Frage: «Was ist Banking und Informatik der Zukunft?» Die Vision von Wildi war der modulartige Aufbau eines Banksystem, so wie es Finstar heute betreibt. «Informatiktechnisch mussten wir modularisieren, was heute mit der Cloud noch viel besser funktioniert. Wir mussten weg von den proprietären, grossen Systemen hin zu flexiblen Lösungen, die sich auch im Kooperativen zeigen», so Wildi im Podcast «Meet the CFO».

Bankenbrache hinkt hinterher

Voraussetzung dafür war eine entsprechende Ausstattung der Finstar-Systemarchitektur. «Standards sind dabei hilfreich. Im Vergleich zum Standardisierungsniveau der Industrie war die Bankindustrie 2016, als wir mit der Open-Banking-Strategie loslegten, unterdurchschnittlich entwickelt», sagt Wildi. Aber: «Wir konnten viel von Europa abschauen, indem wir schauten, was PSD2 macht.»

Die Europäische Union hatte die neuen Spielregeln für den Zahlungsverkehrsmarkt, die zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2), schon 2015 publiziert. Offene Schnittstellen oder Application Programming Interfaces (API) spielten eine wesentliche Rolle für die mit PSD2 angestossene Entwicklung des Datenaustausches zwischen regulierten Banken und Fintech-Startups.

Das sei der Anfang des «API-Driven-Model» gewesen. «Es hat dazu geführt, dass wir die Software modernisierten. Es hat auch dazu geführt, dass wir für das Banking mehr Opportunitäten zur Verfügung hatten. Wir haben keine neuen Produkte erfunden, wir haben sie einfach auf anderen Kanälen verkauft. Deshalb sind wir gewachsen, sogar schweizweit, aber mit verschiedenen Brands. Die Möglichkeiten, die ich hatte, waren Software und Banklizenz. Daraus habe ich verschiedene Module geschaffen und diese neu zusammengesetzt», sagt Wildi im Podcast.

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Qontis machte den Anfang

Bei der Hypothekarbank Lenzburg nennt man diesen Bereich heute Banking-as-a-Service. Mit HBL Solutions hat er seit Dezember 2023 sogar einen eigenen Brand. Doch diese Entwicklung verlief nicht einfach nur schnurstracks und linear. «Es dauerte – wie meistens bei Informatikprojekten – länger, als wir glaubten. Wir gingen zunächst davon aus, dass wir die neue Strategie in fünf Jahren umgesetzt hätten. Am Schluss brauchten wir sieben oder acht Jahre. Der Verwaltungsrat hat uns unterstützt in diesen Bemühungen. Wir haben dafür viele Kunden gewonnen. Für die interne Durchsetzung war eine transparente Kommunikation entscheidend», so Wildi weiter.

Das Fintech Qontis sei das erste Fintech gewesen, das bei Finstar und der Hypothekarbank Lenzburg angedockt habe. In der E-Banking-Applikation der Bank stellte man den Nutzerinnen und Nutzern den Personal Finance Manager von Qontis zur Verfügung. Die Frage dahinter lautete: «Können wir Daten über API austauschen und Technologie in unsere App einbauen», so Wildi. Das zweite Fintech-Projekt sei Sonect gewesen, eine App mit der man am Kiosk und in Lebensmittelgeschäften Bargeld beziehen kann (heute in Twint integriert).

Beteiligung bei Neon kein Thema

Dann klopfte Neon in Lenzburg an. «Neon kam in den Verwaltungsrat und hat das Geschäftsmodell präsentiert», erinnert sich Wildi. Heute befinden sich die Konten von mehr als 180'000 Neon-Nutzerinnen und Nutzer bei der Hypothekarbank Lenzburg. Die Marke Neon ist heute sogar eine Identitätsmarke für Schweizerinnen und Schweizer, wie der Identitätsindex 2024 von FehrAdvice & Partners vor kurzem zeigte.

Trotz des Erfolgs wollte sich die Hypothekarbank Lenzburg nie an Neon beteiligen? Dazu Wildi im Podcast: «Aus Governance-Gründen haben wir uns nie beteiligt. Wir sind einfach Partner. Du hast so nie einen Interessenskonflikt. Ich bereue das gar nicht, auch wenn ich anfangs mitentscheiden wollte. Aber dafür muss man bei Start-Ups viel Geld investieren. Das wären die Finanzen der Bank gewesen, das geht irgendwie wieder gar nicht.»

Unter Banking-as-a-Service abgebucht

Zudem sei das auch eine Frage von Glaubwürdigkeit und Überzeugung gewesen. «Wir können nicht Neon sein. Neon und Banken reagieren anders, sie kommunizieren anders. Heute geben wir Services an Fintechs, die wir früher an Banken gaben, die Finstar als Kernbankensystem nutzten.» Open Banking verfolge zwei Pläne: Software weiterentwickeln und API entwickeln. «Die API können wir auch für uns brauchen. Wir machen es für uns und für Dritte.»

Neben Neon haben mittlerweile zahlreiche weiter Fintech-Unternehmen bei Finstar und der Hypothekarbank Lenzburg angedockt. Dazu zählen Zinsli, Everon, Findependent, Kaspar&, Flatfox oder Finpact. Oder gestandene Unternehmen wie Coop, die Banking-Services der Hypothekarbank Lenzburg für die App Coop-Finance+ nutzt. Und Cembra, die Services für digitale Sparprodukte nutzt, was bei der Bank ebenfalls unter Banking-as-a-Service abgebucht wird.

HBL Solutions – Bankprodukte für alle Unternehmen

Open Banking für alle Unternehmen

Hinter HBL Solutions steht die Hypothekarbank Lenzburg, die als regulierte Schweizer Bank Open-Banking-Dienstleistungen für alle Arten von Unternehmen erbringt. Die «Hypi» sorgt für Prozessstabilität, Abwicklungsqualität und die Einhaltung der regulatorischen Auflagen.

Erfahren Sie im Podcast «Meet the CFO» mit Marianne Wildi zudem, wieso sie das Studium der Wirtschaftsinformatik abgebrochen hat und wieso sie die Fähigkeit des Übersetzens im Open-Banking-Business für besonders wichtig hält.

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