Der Sommer fällt über weite Teile ins Wasser – aber nicht an den Aktienmärkten
Auch das Jahr 2021 dürfte als ein Jahr der Extreme in die Geschichte eingehen. Im Fokus stehen dabei die Wetterkapriolen der letzten Wochen und Monate.
30. Juli 2021
Während der Sommer in unseren Breitengraden von viel Wasser geprägt ist und bis jetzt Sommergefühle nur vereinzelt aufkommen, ächzen weite Teile im Westen von Amerika und der hohe Norden unter einer Bruthitze. Gemäss Vertretern der Wissenschaft liegt die Begründung für dieses ausserordentliche Umweltphänomen im abgeschwächten Polarwirbel und den reduzierten Höhenwinden
des Jet-Streams. In der Folge bleiben Hoch- und Tiefdruck-Gebiete über eine längere Zeit weitgehend stationär liegen. Während sich die Tiefdruckgebiete über Westeuropa ausschütten, heizen die stabilen Hochdruckgebiete dem Westen Amerikas ein. Plausibel erscheint dabei auch die Erklärung, dass die Erwärmung über den Polarkappen dazu führen könnte, dass sich der Temperaturunterschied zwischen den Tropen und den Polaren in einem Ausmass reduziert hat, dass sich die Luftströmung entsprechend abgeschwächt hat. Die aktuelle Entwicklung des Wetters ist ein gutes Beispiel. Sie führt uns vor Augen, wie stark uns alle Umweltthemen beeinflussen. Dies sollte nicht überraschen, da die Umwelt per Definition ein globales Thema ist. Im Umkehrschluss geht der Schutz der Umwelt in seinen verschiedenen Facetten uns alle an. Selbstverständlich gibt es wie immer auch in dieser Fragestellung keine Patentrezepte. Unterschiedliche Personengruppen werden auch unterschiedliche Prioritäten setzen und verschiedene Lösungen präsentieren.
Wirtschaftliche Auswirkungen?
Eine zentrale Fragestellung für Investoren ist dabei, welche wirtschaftlichen Auswirkungen die meteorologischen Phänomene der letzten Wochen auf Konjunktur- und Finanzmärkte haben dürften. Aus der Warte der Schweiz ist offensichtlich, dass die Transportwege auf dem Wasser ganz wesentlich
beeinflusst wurden und werden. So fällt beispielsweise der Gütertransport über die Rheinschifffahrt aktuell gänzlich aus. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zwar gemäss Angaben des Bundesamtes für Statistik die Güterimporte auf dem Rhein seit Beginn des neuen Jahrtausends um 34% auf rund 5 Mio. Tonnen zugelegt haben, die Bedeutung dieses Transportweges aber in den letzten Jahren permanent rückläufig ist. Im Jahre 2019 fanden nur rund 9% der Im- und Exporte ihren Weg über den Rhein. Weiter wird der negative Effekt auf die Schweizer Wirtschaft relativiert durch die Tatsache, dass die auf dem Rhein transportierten Güter (Öl, respektive Stein und Kies) unverderblicher Natur sind.
Auswirkungen der Wetterkapriolen
Durch Wasser beeinträchtigte Immobilien und Produktionsstätten wiederum müssen repariert und gegebenenfalls besser geschützt werden. Nach relativ kurzen Phasen der Beeinträchtigung führt dies zu Investitionen und damit sogar zu BIP-Wachstum. In der Folge dürften also die negativen Auswirkungen der Wetterkapriolen dieses Sommers überschaubar bleiben. Dass sich an den Finanzmärkten dennoch wieder vermehrt Konjunktursorgen breit machen, ist weniger dem Wetter zuzuschreiben als vielmehr dem Resultat der auslaufenden oder reduzierten fiskalischen Stimuli in einigen Volkswirtschaften. Besonderes Augenmerk liegt dabei aktuell auf der konjunkturellen Entwicklung in Asien. In wie weit dies die Folge von Lieferengpässen und damit gestiegener Produktionskosten ist, bleibt abzuwarten. Tatsache ist, dass viele Preisindizes in den letzten Monaten stärker angestiegen sind, als dies beispielweise auch von verschiedenen Vertretern von Zentralbanken erwartet wurde.